Erste Gewitter

Heute erwarteten wir die erste Gewitterlage dieser Tour. Es war klar, dass da etwas passieren wird. Dementsprechend berieten wir lange darüber, in welche Richtung wir fahren sollten. Wir entschieden uns unsere Unterkunft für die kommende Nacht in Salina zu buchen und ein Stück weit Richtung Norden zu fahren, weil uns eine Auslöse in der Gegend um Great Bend am späten Nachmittag am wahrscheinlichsten erschien. Bis dahin war noch viel Zeit zu überbrücken.

In Great Bend warteten wir bis etwa 17.15 Uhr. Die Ausöse der Zellen ließ auf sich warten. Als wir die ersten schwachen Echos auf dem Radar in westlicher Richtung sahen, fuhren wir noch ein Stück nach Norden, um etwas bessere Sicht auf die Entwicklung der Zellen zu haben. zu unseren Unmut fielen die Zellen in sich zusammen. Ein Blick auf die aktuelle Karte der Bodenwinde verriet den Grund: Das Bodentief war schon zu weit östlich und die Winde kamen aus Nordost statt aus Südost und die Feuchte war zu gering. Fazit eine weitere Verlagerung nach Osten. Nach ein paar Meilen waren wir wieder im Bereich der Südöstlichen Winde. Jedoch hier löste es auch nicht aus. Mittlerweile war es schon 18:30 Uhr und wenn es jetzt nicht auslöste, dann vorlaufend vor der Front sehr wahrscheinlich gar nicht mehr.

In Tomate 1 gingen die Diskussionen los. Hier wird nix mehr gehen! Was nun? Letzte Hoffnung: Die Kaltfront selbst, die sich gerade am Staatendreieck Kansas-Nebraska-Colorado befand. Also Richtung Nordwesten abbiegen. Auch wenn wir die Front nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit einreichen würden, erhofften wir uns noch ein schönes Nachtgewitter. Im Moment war die Front selbst aber auch noch relativ inaktiv, lediglich eine Zelle war auf dem Radar zu sehen. Wir fuhren dieser Zelle entgegen, es bildeten sich zwei weitere hinter der ersten Zelle. Wir hielten in Hays, das schien uns die letzte Chance vor dem Chasing zu sein, uns an einer Tankstelle mit Essbarem zu versorgen. Die Sonne verschwand hinter den Wolken der näherrückenden Kaltfront.

Während sich die einen in der Tanke ihr Abendessen besorgten, hielten andere ein Auge auf das Radar. Und endlich, Auslöse südlich von Salina! Eine große isolierte Zelle hatte dort den Deckel durchbrochen und schoss nun in den Himmel. Leider wir waren genau in die entgegengesetzte Richtung aufgebrochen, denn keiner hielt es für möglich, dass um Salina herum noch etwas passiert. Kurzes innerliches Fluchen es half nichts, wir mußten zurück. Aber wohin jetzt? Richtung Norden zu den Zellen der Front oder zurück nach Osten zu der vorlaufenden Zelle bei Salina? Wir entschieden uns für letzteres, da diese Zelle erstens im der feuchtwarmen Luft und zweitens isoliert war.

Wir mit 75 Meilen pro Stunde auf der Interstate Richtung Osten, die Zelle mit 35 Meilen pro Stunde Richtung Nordosten. Distanz zur Zelle: rund 70 Meilen. Es wurde langsam dunkel. Vor uns sahen wir die ersten Blitze im Amboss. Ein wahres Blitzspektakel im Amboss. Nun war es dunkel geworden. Die Blitzfrequenz betrug mittlerweile etwa 1 Blitz pro Sekunde. Die felsigen Strukturen des Aufwinds wurden ständig von den Entladungen erleuchtet. Rund um die Zelle tiefschwarzer Himmel. Autokino vom allerfeinsten. Noch 20 Meilen bis Salina, noch 30 Meilen bis zur Zelle. Das Weather Radio gab eine Warnung heraus, vor Tennisballgroßem Hagel.!

Wir kamen der Zelle schnell näher. Vor uns schönste Lightningshow. Plötzlich Tornadowarnung! Nächste Ausfahrt raus. Wir positionierten uns für ein paar Bilder. Aber lange konnten wir dort nicht stehen, denn die Zelle hatte nun ganz schön Fahrt aufgenommen. Wir fuhren wieder auf die Interstate, weiter der Zelle hinterher. Die Zelle teilte sich nun, wobei der uns nähere Teil stirbt. Die stärkere rechte Zelle drehte nach Südosten ab, weg von der Interstate. Das war’s … aber nur mit dieser Zelle. Auf dem Radar sahen wir eine weitere Zellenstaffel der Kaltfront, die sich nun im Nordwesten gebildet hatte.

Wir drehten. Obwohl wir Richtung Norden schneller und besser an die Kaltfrontzellen herangekommen wären, entschieden wir uns zurück Richtung Westen zu fahren, da die meisten der Zellen Rotationszentren besaßen und ständig Hagel- und Windwarnungen über das Weather Radio herausgegeben wurden. Tornados wurden nicht ausgeschlossen. Nach Norden zu fahren wäre ein zu hohes Sicherheitsrisiko in der Dunkelheit gewesen. Wir positionierten uns in einem Feld nördlich von Salina und warteten auf das südwestliche Ende der Zellenstaffel. Wir erhofften uns noch ein paar schöne Bilder von dieser letzten Zelle. Der Wind drehte auf Nord und wehte mit bis zu 65 km/h aus der Kaltfront heraus. Die Temperatur fiel auf 15 °C.

Doch dann drehte die Zelle nach Nordosten ab und wurde schwächer. Bilder konnten wir somit nicht mehr machen. Das wäre bei dem Wind und der Kälte auch kein Vergnügen mehr gewesen. Ausserdem, es war nach 1 Uhr in der Nacht. Ein erlebnisreicher Tag ging zu Ende. Ein Tag, der wieder einmal zeigte, wie nah Glück und Pech eines Chasers zusammen liegen können.